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Oktober 2018
Qualitätssicherung im interkulturellen Dolmetschen und Vermitteln
Mit über 330‘000 geleisteten Einsatzstunden (2017) und einem jährlichen Zuwachs von rund 10% manifestiert sich deutlich, dass das interkulturelle Dolmetschen und Vermitteln einem Bedarf entspricht und sich das Bewusstsein über die Bedeutung eines professionellen Angebots für die Effizienz und Qualität der eigenen Arbeit bei den Fachpersonen mehr und mehr durchsetzt. Umso wichtiger ist, dass die erbrachten Leistungen klaren Qualitätsansprüchen genügen.
In einem neuen Grundlagenpapier hält INTERPRET die Aufgaben und Verantwortlichkeiten in der Qualitätssicherung fest. Dabei wird unterschieden zwischen
- der Qualität der Einsatzvermittlung,
- der Qualität der Dolmetschleistung und
- der Qualität der Aus- und Weiterbildung.
Im Folgenden wird in erster Linie das interkulturelle Dolmetschen thematisiert, die Aussagen sind teilweise aber auch für das interkulturelle Vermitteln gültig. Bei Letzterem handelt es sich um ein Angebot, welches durch die Vermittlungsstelle viel enger betreut und begleitet wird und bei dem sich die einzelnen Einsätze stärker voneinander unterscheiden. Es ist daher schwieriger, allgemeine Empfehlungen dazu zu formulieren.
Bereiche der Qualitätssicherung
Qualität der Einsatzvermittlung
Dieser Qualitätsbereich scheint auf den ersten Blick nebensächlich, er dürfte für Kund*innen und Nutzende / Auftraggebende von Dolmetschleistungen aber meistens im Vordergrund stehen. Es ist der einzige Bereich, zu dem diese fundierte Aussagen machen können. Antworten in Kundenbefragungen zur "Zufriedenheit mit der Qualität des interkulturellen Dolmetschens" dürften darum grösstenteils auf einer Beurteilung dieses Qualitätsbereichs basieren.
Qualität der Dolmetschleistung
Dieser Qualitätsaspekt steht im Vordergrund. Was die konkreten Elemente professionellen bzw. qualitativen Dolmetschens sind, ist beispielsweise im Berufskodex von INTERPRET und in der Norm ISO 13611 festgehalten. Der wichtigste Qualitätsaspekt des Dolmetschens – die Qualität der Übertragung in die andere Sprache – entzieht sich aber weitgehend der Einschätzung durch die beteiligten Parteien. Damit erhält die Qualifizierung der Dolmetschenden eine umso grössere Bedeutung.
Qualität der Aus- und Weiterbildung
Die wichtigsten Qualitätsaspekte für die Aus- und Weiterbildung der interkulturell Dolmetschenden und Vermittelnden sind im Rahmen des standardisierten Qualifizierungssystems für interkulturell Dolmetschende und Vermittelnde definiert und mittels Vorgaben geregelt.
Akteure und Verantwortlichkeiten
Vermittlungsstellen und Betreiber von Vermittlungsplattformen
Die Hauptverantwortung für die Qualitätssicherung in allen Bereichen liegt bei den Vermittlungsstellen bzw. den Betreibern von Vermittlungsplattformen. Sie stehen sowohl im Kontakt mit den Auftraggeber*innen (Fachpersonen) als auch mit den interkulturell Dolmetschenden.
Subventionsgeber
Auch die subventionierenden Stellen der öffentlichen Hand haben ihren Anteil beizutragen:
- Im Rahmen der Integrationsförderung, insbesondere im Kontext der kantonalen Integrationsprogramme, unterstützt der Bund das interkulturelle Dolmetschen via Kantone und Gemeinden. Die betreffenden Programmvereinbarungen müssen klare Angaben zur Qualitätssicherung (Akteure, Aufgaben, Mindeststandards etc.) enthalten.
- Kantone und Gemeinden beteiligen sich – in der Regel mittels Leistungsverträgen – an regionalen Vermittlungsstellen sowie an der Aus- und Weiterbildung der Dolmetschenden. Diese Unterstützung muss an klare Vorgaben bezüglich Form, Umfang und Inhalte der Qualitätssicherung gebunden sein. Konkrete und effektive Qualitätsstandards können eigentlich nur von dieser Seite verbindlich eingefordert und überprüft werden – bei gleichzeitiger Sicherstellung der finanziellen Ressourcen für die entsprechenden Massnahmen.
Fachpersonen und Institutionen der Einsatzbereiche (Kunden)
Fachpersonen und Institutionen, welche zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben mit interkulturell Dolmetschenden und Vermittelnden zusammenarbeiten, haben ebenfalls eine Mitverantwortung für die Sicherstellung der Qualität. Stichworte dazu sind die Kommunikation mit der Vermittlungsstelle (Angaben zum Einsatz, erforderliche Qualifkationen, Feedback) sowie das eigene Rollenverhalten in der verdolmetschten Gesprächssituation.
Dolmetschende
Im Kern der Verdolmetschung steht die dolmetschende Person; sie trägt die Hauptverantwortung für die Qualität ihrer Leistung. Umso wichtiger ist, dass sie ihre im Berufskodex postulierte Verantwortung wahrnimmt, nur Aufträge anzunehmen, denen sie sich "fachlich und persönlich gewachsen fühlt".
Zu den fachlichen Voraussetzungen gehören einerseits die (formell nachgewiesenen) Sprachkompetenzen in den jeweiligen Arbeitssprachen. Andererseits ist aber auch das "handwerkliche Rüstzeug" als fachliche Voraussetzung zu betrachten: Die auf die Dolmetschertätigkeit bezogenen Kompetenzen und Techniken, die erarbeitet, trainiert, reflektiert und weiterentwickelt werden müssen.
Ausbildungsinstitutionen
Die Ausbildungsinstitutionen sind dafür verantwortlich, die Aus- und Weiterbildungsangebote gemäss den Vorgaben umzusetzen und deren Qualität laufend zu überprüfen. Dabei stützen sie sich auf die Umsetzungsrichtlinien und die Grundlagen des Anerkennungsverfahrens.
INTERPRET
Als Träger der eidgenössischen Berufsprüfung erarbeitet und überprüft INTERPRET die normativen Vorgaben für die Ausbildungsgefässe im Rahmen des normierten Qualifizierungssystems und sorgt für deren Umsetzung durch die Anbieter. Dazu gehört auch eine minimale Standardisierung der Angebote und Kompetenznachweise.
Für den Bereich der Einsatzvermittlung leistet INTERPRET mittels Informationen und Empfehlungen einen indirekten Beitrag an die Qualitätssicherung und versucht insbesondere – beispielsweise mit vorliegendem Grundsatzpapier – eine vertiefte Auseinandersetzung zu den verschiedenen Qualitätsaspekten zu fördern.