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Juni 2017
Geschäftiger Frühling
Geschätzte Leserinnen, geschätzte Leser
Der Frühling ist für
INTERPRET immer eine intensive Zeit: Der Jahresbericht und der Statistikbericht
zu den Einsätzen von interkulturell Dolmetschenden und Vermittelnden vom Jahr
2016 sind erschienen. Die jährlich stattfindende Fachtagung für interkulturell
Dolmetschende, die Mitgliederversammlung des Vereins INTERPRET sowie die
Jahrestagungen der Vermittlungsstellen und Ausbildungsinstitutionen sind
weitere wichtige Ereignisse. Darüber möchten wir berichten.
Gerne nehmen wir auch die
Rubrik „Neuigkeiten und Informationen unserer Partner“ wieder auf und
informieren über deren Aktivitäten.
Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Lesen!
Mit besten Grüssen,
das INTERPRET-Team
Fachtagung 2017: „Wie genau? Exaktheit und inhaltliche Genauigkeit in der Verdolmetschung“
Die Fachtagung vom 6. Mai 2017 widmete sich dem Thema Genauigkeit. Die Teilnehmenden beschäftigten sich mit der Frage, wie die Forderung des Berufskodexes nach einer „vollständigen, sinngenauen und für die Adressaten verständlichen“ Übersetzung in der Dolmetschpraxis realisiert werden kann.
Carmen Delgado, Konferenzdolmetscherin und Dolmetschausbildnerin, machte in einem spannenden Referat deutlich, dass dafür Kompetenzen auf den drei Ebenen Sprache, Kultur und Rolle notwendig sind. Durch die Analyse und Diskussion konkreter Szenarien konnten die Teilnehmenden ihr Verständnis zu diesen drei Kompetenzebenen vertiefen und mit ihren eigenen Praxiserfahrungen abgleichen. Bezüglich der Genauigkeit zeigte sich, dass viele Teilnehmende sehr hohe Ansprüche an sich stellen. Das kann nur begrüsst werden! Carmen Delgado machte aber auch deutlich, dass Dolmetschen immer auch Interpretieren bedeutet, und dass dafür immer auch Entscheide getroffen werden müssen – nicht nur in Bezug auf den zu verwendenden Begriff, sondern auch im Hinblick auf Lücken, Zusammenfassungen, Vereinfachung oder Ergänzungen. Sie betonte, dass diese Entscheide nur in Abhängigkeit von Kontext und Zielen bewusst und „richtig“ gefällt werden können, was wiederum ein überaus hohes Mass an Kompetenzen auf allen drei erwähnten Ebenen voraussetzt.
Mehr Informationen zur
Fachtagung finden Sie auf www.inter-pret.ch > INTERPRET > INTERPRET-Tagungen.
Sämtliche Gruppenarbeiten zur Tagung sind auf der Lernplattform TRIALOG zugänglich: http://trialog.inter-pret.ch > Werkstatt > Didaktische Materialien > Gruppenarbeiten
Statistiken zum interkulturellen Dolmetschen und Vermitteln 2016
2016 wurden in der Schweiz mehr als 245‘000 Einsätze und weit über 300‘000 Einsatzstunden geleistet. Dies entspricht einer Steigerung von knapp 60‘000 Stunden (oder 24%) zum Vorjahr. Pro Tag fanden somit durchschnittlich über 673 Gespräche in einem Spital, einer Schule oder einem Sozialdienst mit einem Beizug von interkulturell Dolmetschenden statt.
Von den über 78 erfassten Sprachen, war 2016 erneut Tigrinya mit über 50‘000 Einsatzstunden (16% Anteil) die wichtigste Sprache. Die Einsätze fanden wie in den Vorjahren ähnlich oft im Gesundheitsbereich (56%), im Sozialbereich (29%) oder im Bildungsbereich (11% aller Einsätze) statt. 41% aller Dolmetschstunden wurden von zertifizierten interkulturell Dolmetschenden wahrgenommen.
Die Vermittlungsstellen sind bezüglich ihrem Volumen heterogen und werden durch die regionalen Strukturen geprägt. Dies zeigt sich insbesondere im ausführlichen Annex.
Den Statistikbericht inkl. Annex finden Sie hier.
Jahresbericht 2016: Ein überraschend bewegtes Jahr
Das Berichtsjahr 2016 markiert in den Beginn einer Übergangsphase: Intern sind in erster Linie die Überlegungen und Vorarbeiten im Hinblick auf die Übersiedelung der Qualifizierungsstelle von Bellinzona nach Bern hervorzuheben. Im Verlauf des Jahres 2017 werden die Aufgaben der bisher von idea geführten Qualifizierungsstelle an das Team der Geschäftsstelle von INTERPRET in Bern übertragen.
Von weitaus grösserer Bedeutung sind jedoch die Veränderungen, die sich im interkulturellen Dolmetschen als Ganzes abzeichnen. Der erfolgreiche Markteintritt einer privaten, gewinnorientierten Dolmetschervermittlung in der Romandie machte deutlich, dass die in den vergangenen Jahren kaum in Frage gestellten Strukturen und Abläufe nicht in Stein gemeisselt sind. Eine Analyse und allenfalls auch eine Erneuerung des gesamten Systems auf nationaler Ebene sind angezeigt. INTERPRET sieht sich in der Verantwortung, dabei eine aktive Rolle zu übernehmen, und hat mit entsprechenden Überlegungen und Vorarbeiten begonnen.
Mitgliederversammlung 2017
INTERPRET freut sich ausserordentlich zwei neue Vorstandsmitglieder vorzustellen:
- Claudia Friedl, Präsidentin, ist seit 2013 für die SP (Kanton SG) im Nationalrat. Sie ist Umweltnaturwissenschafterin und Inhaberin des Büros NATUME. Im Nationalrat ist sie Mitglied der aussenpolitischen Kommission. Internationale Zusammenarbeit und Beziehungen, Migration und Integration sind ihr wichtige Anliegen.
- Barbara Ouedraogo arbeitet seit 8 Jahren als Sozialarbeiterin für anerkannte Flüchtlinge im Departement Fribourg von Caritas Schweiz und leitet den Dolmetschdienst „se comprendre“. Ab Juni 2017 ist sie zudem für den gesamten Sektor Sozialhilfe für Flüchtlinge verantwortlich.
Wir begrüssen Euch herzlich und freuen uns auf die Zusammenarbeit!
Gleichzeitig verabschiedeten wir Josiane Aubert und Margrit Hagenow. Beide haben die Geschicke von INTERPRET während der vergangenen Jahre stark mitgeprägt: 2010 als Co-Präsidentin in den Vorstand gewählt und 2011 als Präsidentin bestätigt, leitete und begleitete Josiane Aubert den Wiederaufbau von INTERPRET nach der Krisenzeit. Als Nationalrätin und Bildungspolitikerin verfügte sie über ein wertvolles Netzwerk und ein gutes Gespür für das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen politischen Ebenen der Schweiz. Sie verstand es, diese übergeordnete Perspektive einzubringen und für INTERPRET nutzbar zu machen. Margrit Hagenow verabschieden wir als Vorstandsmitglied und als Präsidentin der QSK – in der Qualifizierungsstelle unterstützt sie uns noch bis Ende Jahr. Margrit Hagenow ist aus dem Qualifizierungssystem von INTERPRET kaum wegzudenken: Als Fachperson für Sprache und Bildung trug sie zum Aufbau des Qualifizierungssystem bei und war als Leiterin der Qualifizierungsstelle und Präsidentin der QSK von 2010 bis 2017 auch für dessen Betrieb verantwortlich. Sie verstand es insbesondere, einen guten Mittelweg zu finden zwischen den Qualitätsansprüchen im Rahmen des Professionalisierungssystems und den Gegebenheiten und Möglichkeiten der Praxis.
Wir bedanken uns bei Josiane Aubert und Margrit Hagenow für ihr Engagement, ihr Wissen und ihre Kompetenzen. Die Zusammenarbeit mit ihnen war fachlich und menschlich ein Geschenk für alle Beteiligten und ein grosser Gewinn für INTERPRET.
Jahrestagung der Ausbildungsinstitutionen und regionalen Vermittlungsstellen
An der jährlichen Tagung der Ausbildungsinstitutionen und regionalen Vermittlungsstellen informierte INTERPRET in einem ersten gemeinsamen Teil über aktuelle Informationen und Projekte (u.a. Pilotprojekt Videodolmetschen, Projekt Intensivlehrgang oder „Monitoring“ der Dolmetschenden bezüglich ihrer Aus- und Weiterbildung).
Im getrennten Austausch ging es bei den Ausbildungsinstitutionen insbesondere um die Überprüfung der Sprachkompetenzen im Zusammenhang mit den Sprachanforderungen für Zertifikats- und Weiterbildungsmodule. Die regionalen Vermittlungsstellen haben sich zu zwei Themen ausgetauscht: die zweite Phase der Erarbeitung der kantonalen Integrationsprogramme (KIP) und die Zusammenarbeit in Bezug auf das Projekt einer gemeinsamen Vermittlungsplattform.
Eidgenössischer Fachausweis
Zwei Personen haben an der ausserordentlichen Sitzung zur Berufsprüfung vom März den eidgenössischen Fachausweis für Fachfrau/Fachmann für interkulturelles Dolmetschen und Vermitteln erhalten. Wir gratulieren Ashti Hama-Amin und Vjollca Shabani herzlich.
Neuigkeiten und Informationen unserer Partner
- BILANG Deutsch- und Integrationskurse: BILANG führt vom 18. August 2017 bis am 27. Januar 2018 das Modul 1 „Interkulturelles Dolmetschen im Trialog“ durch. Anmeldung bis zum 30. Juni 2017 bei Tanja Klammer, .
- Caritas Schweiz: Caritas Schweiz führt in der zweiten Hälfte des Jahres 2017 zwei Weiterbildungsmodule zum Dolmetschen bei Behörden und Gerichten (Modul 4) in Zürich und Luzern durch. Die Anmeldefrist ist am 1. Juli 2017. Weitere Informationen finden Sie bei INTERPRET oder bei Caritas Schweiz.
- Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz: Die neue Informationsplattform www.maedchenbeschneidung.ch ist aufgeschaltet. Hier können sich Betroffene zu Ursachen und Auswirkungen der weiblichen Genitalbeschneidung und Unterstützungsangebote informieren. Die Seite wird in Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Somalisch und Tigrinja angeboten. Auch Fachpersonen finden spezifische Hintergrundinformationen und praktische Hilfestellungen zur Thematik der weiblichen Genitalbeschneidung. Den Zugang zur Fachwebsite finden sie auf der Informationsplattform oder direkt via www.maedchenbeschneidung.ch/eingang/.
Weitere Hinweise zu Veranstaltungen oder Weiterbildungen finden Sie auf der entsprechenden Seite von INTERPRET.