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Juli 2020
Statistikbericht 2019
Die Einsatzstatistiken zum interkulturellen Dolmetschen und Vermitteln des Berichtsjahres 2019 sind veröffentlicht und stehen Ihnen hier oder auf unserer Homepage in der Rubrik Statistiken zur Verfügung.
Erneute Zunahme der Einsätze
Im Gegensatz zum Vorjahr (2018) sind die Einsätze im Berichtsjahr 2019 wieder gestiegen – und zwar um beachtliche 13%. Insgesamt wurden durch 21 regionale Vermittlungsstellen 305'691 Einsätze (oder 371'175 Stunden) in die Bereiche Asyl, Behörden & Gerichte, Bildung, Gesundheit und Soziales vermittelt. Dies entspricht einem gesamtschweizerischen Durchschnitt von rund 868 Einsätzen pro Tag. Zugenommen haben sowohl die Einsätze vor Ort als auch die Einsätze via Telefon, wobei das Telefondolmetschen mit einer Zunahme von ca. 120% sich mehr als verdoppelt hat und dessen Anteil damit deutlich überproportional gewachsen ist. Neu wird seit 2019 auch das Format Dolmetschen via Video erfasst. Der Anteil ist jedoch mit nur 99 Einsätzen (die weniger als 1 Prozent ausmachen) verschwindend klein.
Bewegung bei den Bereichen
Im Bereich Gesundheit finden nach wie vor mit Abstand am meisten Einsätze statt (53% oder 163'153 Einsätze im Berichtsjahr). Dank einer neuen Kategorisierung der Einsätze in ambulant und stationär konnte aufgezeigt werden, dass zwei Drittel der Einsätze in Spitälern für ambulante Behandlungen bezogen werden und nur ein Drittel im stationären Bereich stattfindet. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Psychiatrie. Mit Blick auf die nach wie vor ungelöste Frage der Finanzierung in der ambulanten Gesundheitsversorgung stimmen diese Zahlen bedenklich. Im Bereich Soziales finden 22% aller Einsätze statt. Die Bereiche Bildung und Asyl sind ähnlich stark mit 12% oder gut 35'000 Einsätze pro Jahr vertreten. Der Bereich Asyl ist somit deutlich gewachsen. Dies hängt zum einen mit dem neuen Asylgesetz und den Einsatzmöglichkeiten in der Rechtsvertretung und Beratung zusammen. Zum anderen wurden für diesen Statistikbericht die Einsätze des Bereichs Asyl breiter erhoben und eine genauere Kategorisierung vorgenommen. Die Sozialberatung für Asylsuchende beispielsweise wird neu zum Bereich Asyl gerechnet, in den Vorjahren wurden diese Leistungen im Bereich Soziales erfasst. Dies erklärt zu einem Teil wohl auch die Abnahme der Einsätze im Bereich Soziales (von 28% im Vorjahr auf 22%).
Kaum Veränderungen bei den Dolmetschsprachen
Keine grösseren Veränderungen gab es bei den Dolmetschsprachen. Die fünf häufigsten Sprachen (Tigrinya, Arabisch, Tamil, Albanisch, Farsi) machen beinahe 50% aller Einsätze aus. Die 12 häufigsten Sprachen decken 75%, die 20 häufigsten 90% aller Einsätze ab. Die restlichen 10% Einsätze teilen sich in 50 Sprachen auf.
Ernüchterndes Bild bei der Qualifizierung
In Bezug auf die Qualifizierung der eingesetzten Dolmetschenden bestehen aus Sicht von INTERPRET weiterhin grössere Unsicherheiten. Die Verteilung der Einsätze nach Qualifizierung bleibt seit der Erfassung dieser Kategorien im Jahr 2014 mehr oder weniger konstant. Die Einsätze von Dolmetschenden mit höherer Qualifikation bewegen sich um 1% und jene von Personen mit Fachausweis um 10%. Interkulturell Dolmetschende mit Zertifikat leisten konstant rund 40% der Einsätze. Die Qualifizierungsquote liegt damit immer bei rund 50% – im Berichtsjahr sind es 54%. Der Anteil von Einsätzen durch Dolmetschende in Ausbildung liegt kontinuierlich bei gut 30%, obwohl die Ausbildungsinstitutionen regelmässig Zertifikatsmodule anbieten und INTERPRET jährlich zwischen 70 und 90 Zertifikate ausstellt. Ebenso konstant bleibt die Zahl jener Einsätze, welche durch Personen ohne Qualifizierung geleistet werden (gesamtschweizerisch 13 bis 15%). Die Unterschiede zwischen den Vermittlungsstellen variieren jedoch in Bezug auf die Einsätze nach Qualifizierung beträchtlich.
Bedenklich tiefe Qualifizierungsquote beim Telefondolmetschen
Beim Telefondolmetschen ist die Qualifizierungsquote tiefer als im Durchschnitt. Einsätze durch Personen mit Fachausweis machen in diesem Format nur 5% aus, 35% der Einsätze via Telefon werden durch Personen mit einem Zertifikat INTERPRET geleistet. Der hohe Anteil nicht qualifizierter Dolmetschender ist hier umso störender, als dass das Telefondolmetschen als anspruchsvoller gilt als das Dolmetschen vor Ort. Wie viele der in diesem Format aktiven Dolmetschenden das Weiterbildungsmodul zum Telefondolmetschen besucht haben, ist unbekannt. Auch dieses Modul setzt aber eigentlich das Zertifikat INTERPRET voraus, welches von INTERPRET nach wie vor als Basisqualifikation verstanden wird.
- Zusammenfassung Bericht 2019 (PDF, 323.7 KB)
- Statistikbericht 2019 (PDF, 1.41 MB)